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Michael Mantler „Review.
Recordings 1968-2000”
Es ist nahezu unmöglich, in wenige Worte, die vielfältigen Aktivitäten
des Jazzmusikers Michael Mantlers zu fassen. Allein die Liste der Musiker
und Literaten, die bei seinen grenzübergreifenden Projekten involviert
sind, würde diesen Artikel sprengen.
Geboren
ist Mantler 1943 in Wien, wo er auch Trompete und Musikwissenschaften
studiert. 1962 zieht es ihn nach Boston, an die renommierte Berklee School,
um sich dann zwei Jahre später in New York niederzulassen und in die Band
von Cecil Taylor einzusteigen. Recht früh ist Mantler überdies politisch
aktiv. Gemeinsam mit Taylor, Bill Dixon, Roswell Rudd und Archie Shepp
gründet er die Jazz Composor’s Guild, eine gewerkschafts- ähnliche Organisation,
die sich für die Rechte der Jazzmusiker und bessere Arbeitsbedingungen
einsetzt. Daraus geht später die Jazz Composor’s Orchestra Association
hervor, eine nichtkommerzielle Vereinigung zur Förderung, Aufführung und
Dokumentation neuer Kompositionen für Jazz-Orchester.
„Reviews. Recordings 1968-2000“ verschafft dem Hörer einen Einblick, in
die sehr vielgestaltige, über 30jährige Arbeit des österreichischen Musikers,
dessen orchest- ralen Projekte meist im Spannungsfeld von Literatur und
Musik angesiedelt sind. Dabei arbeitet Mantler unter anderem mit Texten
von Paul Auster, Samuel Beckett und Edward Gorey, die von Robert Wyatt,
Marianne Faithfull oder Susi Hyldgaard interpretiert werden. Und die Be-
setzungen variieren von Streichquartett bis hin zu Jazzrockformationen
oder Radio Symphony Orchestern. Mantler experimentiert mit einem Konglomerat
aus Musikern, die sowohl aus dem Bereich der Rockmusik kommen, wie der
langjährige Zappa Keyboarder Don Preston, als auch der Minimal Music,
wie das Balanescu Quartet, oder dem Jazz, wie Don Cherry, Tony Williams
oder Pharao Sanders. Letzterer leistet Übermenschliches bei seiner Free-Jazz-Improvisation
zu „Preview“, das sich ebenfalls auf dem Album findet. Michael Mantler
ist großartiger Arrangeur und experimentierfreudiger Musiker zugleich.
Er weiß die Besonderheiten und Stärken verschiedener Musikstile für seine
Projekte virtuos einzusetzen. Mantlers aktuelles Album „Review“ ist weniger
ein Blick zurück. Vielmehr ist es ein Blick voraus, eine „Preview“ auf
mögliche Innovationen in der Musik, die leider heutzutage viel zu selten
genutzt werden.
- Matthias Schneider
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