Concerto   Februar 2018

 


Michael Mantler
Comment c'est


Zutiefst widerwârtige politische Zustande bzw. die Niedertracht unter den Gesellschaften thematisiert der Trompeter und großer Konzeptionist orchestraler Jazzereignisse Michael Mantler mit seinem aktuellen, famosen Opus (englischer Titel: "How It Is"). Solistisch herausgestellt sind die französische Sängerin Himiko Paganotti, hauptberuflich Vokalistin der Art- Rock Band Magma, der österreichische Pianist David Helbock und Mantler selbst. Wobei die Solo-Parts, ebenso wie die Ensemble-Parts, mit enormer Präzision und Hingabe vorn bestens disponierten österreichischen, auf "Neue Musik" spezialisierten Max Brand Ensemble, unter der souveränen Leitung von Christoph Cech realisiert, fein säuberlich ausgeschrieben sind. Mantlers Faible für Stimmen ist hinlänglich bekannt. Erneut hat er diesen Liederzyklus in den für ihn typischen dunklen Klangfarbenschattierungen und aperiodischen Gliederungen gehalten, der Sängerin auf den Leib geschrieben. Mantler etablierte eine unvergleichliche, eigenständige, aperiodisch gegliederte Kunstliedform, die primär seiner Jazzzuneigung entspringt, aber für die sich der Musiker auch von klassischen Funktionalismen, speziell jenen der Impressionisten respektive der Avantgardisten, Anregungen holt. Bestechend einerseits wie Himiko Paganotti mit bravouröser Hingabe und Fertigkeit die komplexen melodischen Linien sowie die aufwühlenden Texte mit Leben erfüllt, andererseits das Ensemble die harmonischen, wie melodischen Nuancen mit all den nonkonformistischen, aufregenden Verzweigungen aus der Partitur heraus kitzelt. Trotz all der strukturellen Gebundenheit versprüht der Zyklus eine anregende elastische Beweglichkeit. Freigeist Mantler schuf mit "Comment c'est" ein Werk von kontemplativ kammermusikalischer Grandezza mit pluralistischem Gestus, dem, gegeben durch die eigenwillige Instrumentierung, wahrhaftige, dunkelgetränkte Schönheit innewohnt. Ein Soundtrack zum Wahnsinn der Zeit. Alles andere als desillusionierend, sondern wachrüttelnd. Übrigens, die Aufnahme entstand im zum Studio umfunktionierten Porgy & Bess
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-- Hannes Schweiger

 
     
 

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