ONE SYMPHONY   the concert



   

  


Elliott Sharp   geb. 1951    
Racing Hearts (Version 1998)    

Heiner Goebbels   geb. 1952    
Industry and Idleness (1996)    
Popular Print für Orchester      
    
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Frank Zappa   1940-1993    
         Pedro's Dowry (1975/83)    

Michael Mantler   geb. 1943    
One Symphony (1998)    

Part I      
Part Il      
Part III      
Part IV      

Auftragswerk des hr      
mit Unterstützung des Österreichischen      
Bundesministeriums für Kunst      

Uraufführung      

Radio-Sinfonie-Orchester    
Frankfurt    

Leitung: Peter Rundel    


   


Michael Mantler

Von allen Beteiligten an der "October Revolution", mit der sich 1964 im New Yorker Cellar Café der junge Free Jazz endgültig Gehör verschafft hat, ist der gebürtige Wiener Trompeter Michael Mantler zusammen mit seiner späteren Frau Carla Bley am konsequentesten und wirkungsvollsten in die verkrustete Struktur des Musikbetriebes eingedrungen, um dem avantgardistischen Jazz adäquate Aufführungsbedingungen zu schaffen. 1962 in die USA gekommen, realisierte er nach frühen Aktivitäten in der New Yorker Avantgarde (u.a. mit Cecil Taylor) diese Ziele organisatorisch als Co-Founder der "Jazz Composers' Guild" und Gründer auch ihrer Nachfolgeorganisation "Jazz Composers' Orchestra Association", einer erfolgreichen Non Profit-Alternative zu Plattenfirmen, Verlagen und Veranstaltern. Ferner gründete er spåter WATT, eine eigene Plattenfirma und Studio. Gerneinsam mit Carla Bley machte Mantler als Trompeter zahlreiche Tourneen und Aufnahmen. Mit der kollegial konzipierten Avantgarde-Big Band "Jazz Composers' Orchestra", und eigenen Großformationen, die seine Kompositionen und Einspielungen umsetzen, setzte er zudem Maßståbe für neuen großorchestralen Free Jazz.

In seiner musikalischen Handschrift dominieren tiefe Ton- und dunkle Klangbereiche, langnotige Melodiebildung und komplizierte Taktwechsel, zeitweise auch die Einbeziehung von Rock-Rhythmen und Strukturen der Minimal Music. Mantler, der "die Tonalität und die Sonoritäten von Varèse", als wichtigen Einfluß hervorhebt, aber die Verwendung eines Systems entschieden ablehnt, "obwohl ich ein System habe, vielleicht für jede Komposition selbst ... ", erlåutert seine Orchestersprache als pluralistisch: "Meine Arbeit hat weniger etwas mit strukturierten Big Bands, Sections und so zu tun, für die ich überhaupt nicht geschrieben habe und auch nicht vorhabe zu schreiben. Ich verwende alles, es kommt auf die Gelegenheit an."

Mantler ist nur selten live aufgetreten, hat sich hauptsåchlich auf das Komponieren und Einspielen konzentriert und für WATT viele Aufnahmen seiner Musik in wechselnder Instrumentation und Besetzung produziert. Häufig hat er Texte zeitgenössischer Autoren verwendet, wie Edward Gorey, Harold Pinter, Philippe Soupault, Ernst Meister und vor allem Samuel Beckett, und dafür so unterschiedliche Sänger eingesetzt wie Robert Wyatt, Jack Bruce, Marianne Faithfull und Mona Larsen.

Zahlreiche Aufträge und Aufführungen realisierte er in den letzten Jahren mit europäischen Orchestern, besonders beim WDR Köln, an der Oper Lille, beim Dänischen Rundfunk Kopenhagen und beim Donau-Festival in Österreich. 1991 verließ er die Vereinigten Staaten und lebt und arbeitet jetzt in Europa, zeitweise in Dänemark, zeitweise in Frankreich.

Zu Mantlers jüngsten Aufnahmen gehören Folly Seeing All This (1992) mit dem Balanescu Streichquartett, Jack Bruce und anderen sowie Cerco Un Paese Innocente (1994), eine Suite aus Liedern und Interludien für Stimme, "Untypical Big Band" und Kammerensemble auf Worte des italienischen Dichters Giuseppe Ungaretti. Auch sein letztes Werk, die opernartige School of Understanding (1996), die zuerst im Arken Museum für Moderne Kunst in Kopenhagen und 1997 am Berliner Hebbel Theater aufgeführt wurde, ist als Doppel-CD erschienen.

 
Peter Rundel

Geboren 1958 in Friedrichshafen. Geigenstudium bei Igor Ozim und Ramy Shevelov in Köln, Hannover und New York. Dirigierunterricht bei Michael Gielen und Peter Eötvös. Privatunterricht bei dem Komponisten Jack Brimberg in New York. Von 1984 bis 1996 Mitglied als Geiger des Ensemble Modern. 1987 Debüt als Dirigent. Seitdem entwickelte sich Peter Rundel zu einem der gefragtesten Dirigenten seiner Generation, vornehmlich für die Musik des 20. Jahrhunderts. Ständige Zusammenarbeit mit dem Ensemble Modern, dem Ensemble Recherche und dem Klangforum Wien. Gastdirigent bei vielen renommierten Orchestern und Ensembles, u.a. bei der Jungen Deutschen Philharmonie, dem Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt, dem Radio-Symphonieorchester Wien, dem Wiener Kammerorchester, der Beethoven Akademie Antwerpen und dem Asko Ensemble Amsterdam.

Wiederholt setzte sich Rundel für spartenübergreifende Projekte ein: 1992 war er Dirigent von Frank Zappas The Yellow Shark und dirigierte 1993 ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Kammerphilharmonie mit dem Art Ensemble of Chicago. Ab der Saison 1998/99 ist Peter Rundel, zusammen mit Philippe Herreweghe und Walter Weller, koordinierter Chefdirigent des Königlich Philharmonischen Orchesters von Flandern, Antwerpen.

Neben seiner Laufbahn als Dirigent tritt Rundel auch kontinuierlich solistisch als Geiger auf, wobei er sich in letzter Zeit besonders für Werke von Nikolaij Roslawez, Luigi Nono, Morton Feldman, John Cage und Giacinto Scelsi einsetzte. Er leitete die Musiktheateruraufführungen Solaris von Michael Obst (Münchner Biennale), Nacht von Georg Friedrich Haas (Bregenzer Festspiele) und Schwarz auf Weiß von Heiner Goebbels (Theater am Turm, Frankfurt). Zwei CD-Einspielungen, an denen Rundel als Dirigent bzw. Geiger beteiligt war, erhielten 1996 den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik: Luigi Nonos Prometeo (Dirigenten: Ingo Metzmacher und Peter Rundel) sowie Paul Hindemiths Kammermusik Nr. 4 (Solist: Peter Rundel, Dirigent: Markus Stenz).


Als Komponist, der ursprünglich vom Jazz kommt, habe ich fast immer mit Musikern zusammengearbeitet, die ein unterschiedlich großes Maß an Freiheit hatten, Teile meiner Musik zu interpretieren oder sogar zu improvisieren. Da ich zunehmend das Bedürfnis nach stärkerer Kontrolle verspüre, habe ich diese Freiheit schrittweise reduziert, weil ich den Zufallsanteil bei der Aufführung eines Musikstücks immer mehr eliminieren möchte. In diesem Werk bin ich jetzt bei einer völlig ausnotierten Komposition ohne alle Improvisation angelangt.

One Symphony entstand zwischen März '97 und August '98. Zugrunde liegt ein Konzept von "Sinfonie" in ihrer elementarsten Form - einfach als Verwendung möglichst vieler, unterschiedlicher Instrumente zur Aufführung musikalischer Materialien, die so organisiert sind, daß sie mit logischer Konsequenz ein größeres Ganzes schaffen. Es wurden keine besonders ungewöhnlichen Kompositionsmethoden verwendet, noch gibt es ein Programm oder eine Botschaft. Es sollte ein Stück reiner Musik sein, das den Hörern eine eigene emotionale Interpretation erlaubt. Das war auch der Grund für den neutralen Titel, der andeutet, daß es sich um eine von vielen möglichen Sinfonien handelt.

- Michael Mantler

recording available on
SONGS AND ONE SYMPHONY


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